Entstehungsgeschichte

Das Waldheim in Stuttgart Sillenbuch 1921

Am 27. Juni 1909 wurde das Waldheim Sillenbuch durch seinen ersten Vorsitzenden Friedrich Westmeyer in einer offiziellen Eröffnungsfeier der gesamten »organisierten Stuttgarter Arbeiterschaft« übergeben. 

Was war geschehen, dass wir heute - neunzig Jahre später - dieses Datum hochhalten und in einer Jubiläumsfeier würdigen wollen? Um sich der außerordentlichen Besonderheit dieses Datums bewusst zu werden und die Bedeutung der Stuttgarter Waldheime für die »Stuttgarter Arbeiterschaft« in seiner gesamten Tragweite zu verstehen, muss man sich die sozialen und politischen Zustände zu Beginn des 20. Jahrhunderts vergegenwärtigen. 

Im September 1890 wurden nach zwölf Jahren Bismarckscher Repression die Sozialistengesetze aufgehoben. In der Folgezeit war es den Arbeitern wieder möglich sich politisch zu organisieren. So wurde bereits am 2.11.1890 in Württemberg die erste Landesorganisation der SPD gegründet, die sich noch auf der gleichen Versammlung ein eigenes Parteistatut gab und somit zum Vorreiter für die Reichssozialdemokratie wurde. Neben politischer Betätigung war es der Stuttgarter Arbeiterschaft darüber hinaus ein äußerstes Anliegen sich eine eigenständige kulturelle Identität zu geben, die den Besonderheiten der arbeitenden Bevölkerung Rechnung trägt und sich insbesondere von den bürgerlichen Vereinen abgrenzte. In fast allen Stuttgarter Stadtteilen entstanden Arbeitervereine, Gesangsvereine, Turnvereine und mit der Eintragung ins Stuttgarter Vereinsregister unter der Nummer 240 am 10.Mai 1909 auch der »Stuttgarter Waldheimverein Sillenbuch«. 

Für Friedrich Westmeyer, Clara Zetkin und andere beteiligten Genossen stand bei der Gründung des Waldheimvereins der Gedanke Pate, den unterbemittelten Arbeiterschichten einen Platz zu schaffen, an dem sie an ihren freien Tagen der häuslichen Armut in der stickigen Stuttgarter Kessellage entfliehen und sich im Kreise der Familie mit Freunden und Bekannten treffen konnten um sich zu erholen. Dabei war es besonders wichtig, dass es sich um einen eigenen Platz handelte, der nicht unter der Kontrolle eines nur um Umsatz besorgten Gastwirtes lag oder unter der Aufsicht eines Parkwächters stand, der sobald die Kinder nur in die Nähe eines Stückchens Wiese gelangt wären, energisch einschritt. 

 Bis zur Eröffnung des Waldheims Sillenbuch musste noch einige Arbeit verrichtet werden. In Sillenbuch fand sich nach längerem Suchen ein geeigneter Platz, der sich zur Durchführung des Unternehmens eignete. Mit Hilfe des in Sillenbuch lebenden Ehepaars Clara Zetkin und Friedrich Zundel konnte ein 73 Aar großes Baumgelände zu einem durchschnittlichen Preis von 1,30 Mark pro Quadratmeter gekauft werden. Das Gelände wurde umzäunt, eine alte Messbude, die der Stadt abgekauft wurde, diente nach aufwendiger Restaurierung als erstes Wirtschaftsgebäude und auf dem Grund wurde ein eigener Brunnen gegraben, damit man nicht länger vom Wohlwollen der umgebenden Gärten und Bauern abhängig war. Der Platz wurde gerodet und für die Kinder und Jugendlichen stellte man nach und nach Schaukeln, ein sechzehnsitziges Kinderkarussell sowie einen Kletterbaum auf. Für die Erwachsenen entstand eine Kegelbahn und ein Schiessstand. Am Waldrand wurde eine kleine Sommerbühne errichtet, die sowohl für die Kleinen Kasperletheater aufführte als auch Schwänke von Hans Sachs. 


Eine Besonderheit stellte die Organisation des Wirtschaftsbetriebes im Waldheim dar. Für den Besuch des Waldheimes wurden an seine Mitglieder Familienjahreskarten zu 20 Pfennigen ausgegeben (Stand 1910), Familienmitglieder über 18 Jahre und dem Waldheim angeschlossene andere Arbeitervereine kauften besondere Karten. Der Wirtschaftsbetrieb wurde durch eine Wirtschaftskommission versehen, deren beständige Leitung in den Händen des Vorstands und eines gewählten Wirtschaftskassierers lag. Die Bewirtschaftung erfolgte in einer Art rotierendem System der Waldheimmitglieder, wie auch der angegliederten Vereine. War der Ansturm zu groß, so konnte der Wirtschaftsführer unter den anwesenden Waldheimmitgliedern weitere Leute zur Mithilfe auffordern. Eine sehr wichtige Eigenschaft des Waldheims war, dass für die Besucher kein Verzehrzwang bestand, also sie auf dem Gelände ihr von zu Hause mitgebrachtes Essen verzehren konnten ohne wie in Gaststätten sofort von dem Wirt vor die Türe gesetzt zu werden. Diese Tatsache unterstreicht nochmals deutlich den Grundgedanken der Waldheimgründer, einen von jeglichen Zwängen freien Erholungsraum für die ganze Arbeiterfamilie zu schaffen. 

Der 1.Weltkrieg (1914-1918) stellte in vielfacher Hinsicht eine deutliche Zäsur im alltäglichen Betrieb des Waldheims Sillenbuch dar. Ein regelmäßiger Betrieb des Waldheims konnte aufgrund der ständigen Einmarschbefehle vieler aktiver Waldheimmitglieder nur unter größten Mühen und auch nicht immer regelmäßig aufrecht erhalten werden. Hinzu kam, dass viele eingezogene Mitglieder, wie auch der 1. Vorsitzende Friedrich Westmeyer, aus dem Krieg nicht wieder nach Hause kamen. Trotz allem, und das zeigt ein Protokollauszug einer Vorstandssitzung vom 30.März 1915, versucht die Waldheimkommission besonders in solchen Zeiten ihre Linie beizubehalten und den Bedürftigsten zu helfen: 

»Der Betrieb der Wirtschaftsführung wird wegen des Krieges für das Jahr eingestellt. Statt dessen wird es den Familien, deren Männer zum Kriegsdienst eingezogen wurden, unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Zusätzlich soll versucht werden den bedürftigen Kinder der zum Kriegsdienst Einberufenen ein Vesperbrot, wenn möglich auch Abendbrot unentgeltlich zu reichen. Die Stadt Stuttgart stellten dankenswerter Weise einen Teil des Brotes zur Verfügung, so dass rund 350 Kinder täglich gespeist werden konnten. Zum Brot gab es Obst, Gesälz, Milch oder Kakao, abends ausnahmsweise auch Käse oder Fleisch. Durch Zuwendung von anderer Seite war es auch möglich, den Kindern sonntagmittags warmes Essen zu verabfolgen.« 

Zu einem besonders wichtigen Kapitel in der Waldheimgeschichte Sillenbuchs gehören die »Sommer-Ferienkolonien« für bedürftige Kinder. Sie leisteten einen außergewöhnlichen Beitrag in dem Versuch der Linderung größter Not bei den Stuttgarter Kindern und Jugendlichen aus den unterprivilegierten Schichten der Bevölkerung. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs war die Versorgungslage mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln katastrophal. Diese Missstände trafen vor allem die Arbeiterschicht und hier speziell die Kinder. Laut amtsärztlichen Berichten aus jener Zeit litten Zweidrittel aller Arbeiterkinder unter massiver Unterernährung, Tuberkulose und Rachitis - alles klare Folgeerscheinungen schlechter Ernährungslage und miserabler Wohnverhältnisse. 

Um diesen Zuständen wenigstens zeitweise Abhilfe zu verschaffen veranstaltete der »Verein Arbeiterjugendhilfe Stuttgart und Umgebung e.V.«, dessen Mitglied der Waldheimverein Sillenbuch bereits im ersten Jahr wurde, vom 1.August bis zum 4. September 1920 erstmals in den Stuttgarter Waldheimen eigene Ferienkolonien. Dabei wurden allein in den drei Waldheimen Heslach, Gaisburg und Sillenbuch über 800 Kinder untergebracht, deren körperlicher und seelischer Zustand sich durch die Bewegung im Freien merklich verbesserte. Zum Ende der Ferienkolonien konnte man eine durchschnittliche Gewichtszunahme bei den Kindern von 3 bis 4 Pfund feststellen, was vor allem daran lag, dass die Kinder bis zu 3 mal täglich warme Speisen bekamen. Dabei betrug der Elternbeitrag pro Tag 2 Mark für das erste Kind, 1,50 Mark für das zweite und für jedes weitere Kind 1 Mark. Wegen der niedrigen Eigenbeteiligung der Eltern war das Unternehmen »Ferienkolonie« immer wieder auf Spenden in Form von Geld und Lebensmitteln angewiesen, da die weitere Existenz häufig bedroht und ohne die unentgeltliche Mitarbeit vieler Waldheimmitglieder undenkbar gewesen wäre. In den Folgejahren stieg der Ansturm an Kindern in den Ferienkolonien rapide an, während gleichzeitig die öffentlich bewilligten Gelder der Stadtkasse immer geringer wurden, was wiederum von dem großen Engagement verschiedenster Waldheimmitglieder zeugt, diese Einrichtung weiterhin am Leben zu halten. 

 Der 1.Weltkrieg setzte aber auch auf politischer Seite dem Traum von einer einheitlich organisierten Arbeiterschaft ein jähes Ende und sorgte während der Folgezeit der Weimarer Republik für ein endgültiges Aus jeglichen gemeinsamen politischen Handelns. Diese Entwicklung setzte sich verständlicherweise ebenfalls im alltäglichen Betrieb der Waldheime fort und führte dazu, dass sich das Leben in den Waldheimen stark veränderte. Durch die jetzt immer stärker zu Tage tretenden unterschiedlichen politischen Strömungen unter den Waldheimmitgliedern wurde auch das Leben in den Waldheimen immer mehr durch politische Auseinandersetzungen um die Ausrichtung der jeweiligen Vereine und die Waldheimleitung bestimmt. 

Im Waldheim Heslach hatten dieses bereits 1916 frühzeitig zu einer Übernahme des Waldheimvereins und somit auch des Waldheims selbst durch regierungstreue Mehrheitssozialisten und zum Ausschluss der linken Anhänger um Friedrich Westmeyer geführt. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich zu Beginn der dreißiger Jahre im Waldheim Sillenbuch, nur dass sich hier die Auseinandersetzung um die Vereinsführung zwischen KPD und KPO abspielte. 

Bei der Generalversammlung am 10.März 1930 warf der hauptsächlich aus KPD-Mitgliedem bestehende Waldheimausschuss dem 1. Vorsitzenden, Simon Fußnegger, vor durch gezielte Neuaufnahme von Mitgliedern die Waldheimführung gezielt übernehmen zu wollen und lehnte mit folgender Begründung die neuen Mitglieder ab: »Die Mehrheit des Ausschusses begründet die Ablehnung der genannten Aufnahmen bzw. Nichtzulassung derselben zur Generalversammlung damit, dass diese Aufnahmen fraktionell gemacht worden seien, um der oppositionellen Richtung in der KPD das Waldheim auszuliefern.« In der Folge kam es zu tumultartigen Ausschreitungen zwischen KPD und KPO-Anhängern um die Rechtmäßigkeit der Mitgliedsaufnahme, in deren Verlauf sich die KPD-Anhänger unter den Waldheimmitgliedem durchsetzten. Fußnegger wurde als Vorstand abgesetzt und wegen Manipulation aus dem Waldheimverein ausgeschlossen. Ähnlich erging es auch einigen anderen Mitgliedern des Vereins. 

Diese Schilderungen belegen mit welcher Härte, Rigorosität aber auch Intoleranz in der Arbeiterschaft die verschiedenen politischen Strömungen sich bekämpften und darüber vergaßen eine wirksame Front gegen den bereits allgegenwärtigen Naziterror zu bilden.

»Der in Riedenberg wohnende Schuster Friedrich Sautter, seit 1919 in der Kommunistischen Partei aktiv, erhält seit seinem Übertritt zur KPO Hausverbot im Sillenbucher Waldheim. Auch Sautters Kinder, die regelmäßig an den Freizeiten teilnehmen, dürfen nicht mehr kommen.« (Zitat aus Christian Glass, Sillenbuch & Riedenberg, S.101) 

Diese Schilderungen belegen mit welcher Härte, Rigorosität aber gleichzeitig auch Intoleranz in der Arbeiterschaft die verschiedenen politischen Strömungen sich bekämpften und darüber vergaßen eine wirksame Front gegen den bereits allgegenwärtigen Naziterror zu bilden. 

Nach dem Ausschluss Fußneggers wurde der KPD-Stadtrat Heinrich Baumann zum letzten Waldheimvorstand in Sillenbuch gewählt; denn mit der Verabschiedung des »Gesetzes über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens« am 14. September 1933 kam das Aus für das Waldheim Sillenbuch. Die Beschlagnahme des Waldheimgeländes, wie auch des Vereinsvermögens, war bereits schon am13. März 1933, noch vor der Legalisierung durch ein Gesetz, erfolgt. Was nun folgte, war nur noch nationalsozialistische Kosmetik. Am 16. November 1933 wurde der Waldheimverein aus dem Vereinsregister gestrichen. 

 Die Nazis errichteten auf dem Waldheimgelände eine Gebietsführerschule, die 1936 jedoch bereits wieder aufgelöst wurde. Anschließende Pläne aus dem Waldheim ein Reichsinstitut für Puppenspiele zu errichten, wurden aufgrund zu hoher Kosten nicht realisiert. 

Zeitgleich mit der Beschlagnahme des Waldheimgeländes wurden die führenden Vereinsmitglieder und Vorstände von der SA verhaftet und in das Konzentrationslager auf dem »Heuberg« verschleppt. Unter ihnen befanden sich auch Heinrich Baumann und Karl Schneck. Viele der inhaftierten Waldheimaktivisten überlebten die Konzentrationslager der Nationalsozialisten nicht und erlebten den Neuanfang nach dem 2.Weltkrieg nicht mehr mit. 

Karsten Lukawec, Autor der Examensarbeit »Die Stuttgarter Waldheime im Kontext der Arbeiterbewegung«, PH Ludwigsburg 1998 
Bilder: Archiv des Waldheims

Die politische Landschaft

Die Eröffnung des Waldheims Sillenbuch erfolgte noch im »Wilhelminischen Zeitalter«. Nach dem Fall des »Bismarckschen Sozialistengesetzes« im Jahr 1890 folgte eine stürmische Aufwärtsentwicklung der sozialistischen Arbeiterbewegung. Das Land aber war noch beherrscht von einem verknöcherten Beamtentum, von monokeltragenden Offizieren, von bunt bemützten Studenten und von dem größenwahnsinnigen Gottesgnadentum der Hohenzollern. Der Dali-bärtige Hohenzollernspross, mit seiner Leidenschaft für gewichste Stiefel und schimmernde Wehr, beunruhigte die Welt mit seinen kraftmeierischen Reden. Die Lorbeerbäume von Schiller und Goethe, von Lessing und Kant wurden durch Kruppsche Kanonen ersetzt. Der deutsche Imperialismus rüstete sich zu seinen Eroberungsplänen. 

Die aufstrebende Industrie

Nach der Jahrhundertwende entstanden in den wichtigsten Industriestädten Württembergs Großbetriebe, die einen neuen Typ des Arbeiters hervorbrachten: Am markantesten zeigte sich dies im Industriekreis Stuttgart in der Schuh- und Lederindustrie, bei Daimler in Untertürkheim und dem meteorhaften Aufstieg der Firma Bosch. Die neuen Arbeits- und Entlohnungsmethoden zogen Arbeiterschichten aus anderen Berufen an. Aus Nord- und Mitteldeutschland kamen Arbeiter ins Schwabenland. Aus den ländlichen Bezirken des Landes, vom Schwarzwald, der schwäbischen Alb, dem Unterland und von Oberschwaben zog es die Kleinbauernsöhne und Häuslerkinder in die aufschießende Großstadt. Für diese Schichten wurden die sozialistische Partei und die Gewerkschaften zur Heimat und das Waldheim Sillenbuch zu einer Stätte der Erholung, Belehrung und Belustigung. 

In der sozialistischen Partei herrschte damals ein reges geistiges Leben, das das Klassenbewusstsein stärkte und pflegte. Die Stuttgarter Parteileitung unter Fritz Westmeyer, gestützt auf einen Stamm klassenbewusster Arbeiter, stellte sich hinter das Bekenntnis von Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Franz Mehring zum Internationalismus und gegen den Krieg. Die Beschlüsse auf der Friedenskundgebung der Sozialistischen Internationale 1912 im Dom zu Basel führten auch im Waldheim bei den zwanglosen geselligen Zusammenkünften zu lebhaften Aussprachen.

Waldheim und Arbeiterjugend

Vom 18.-24. August 1907 fand in Stuttgart der 7. Kongress der II. Sozialistischen Internationale statt. Anschließend daran erfolgte der erste Internationale Sozialistische Jugendkongress, einberufen von Ludwig Frank und Karl Liebknecht. Dies war der Auftakt zu verstärkter organisatorischer Erfassung der Arbeiterjugend. 

Das Waldheim Sillenbuch war von Anfang an der Treffpunkt der Jugend bei Sport, Spiel und Gesang. Die Stuttgarter Jugendgruppen waren allerlei Schikanen des Polizeidirektors Dr. Bittinger ausgesetzt. Sie wurden von der bürgerlichen Presse angefeindet und als »rote Brut« beschimpft. Im Frühjahr 1914 verbot der Polizeidirektor jegliche Zusammenkunft der Jugend. Just zu dieser Zeit befasste sich die Jugendleitung mit der Vorbereitung des ersten Sozialistischen Jugendtages, der an Pfingsten 1914 in Stuttgart stattfinden sollte. 


Am Pfingstsamstag wurden mit großer Begeisterung auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof einhundert Jungsozialisten aus der Schweiz empfangen und in Privatquartieren untergebracht. Am Pfingstsonntag waren Stadtführungen mit einem gemeinsamen Treffen im Waldheim Sillenbuch vorgesehen. Da aber das Waldheim von Landjägern umkreist und die Zugangswege zum Waldheim von der Polizei überwacht wurden, zogen die Jugendgruppen in das Waldheim Heslach und von dort unbehindert – unter Absingen von Arbeiterliedern und Hochrufen auf den Polizeidirektor – in Dinkelackers Saalbau. Saal und Garten bei Dinkelacker waren überfüllt. Ohne Aufsicht der Polizei fand das Meeting statt. 

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges und die Mobilmachung am 4. August 1914, das Verhalten des Parteivorstandes, der den Burgfrieden verkündete und die Kriegskredite bewilligte, war auch für die Jugend ein schwerer Schock, da sie die internationalen Beschlüsse wie ein Evangelium in sich aufgenommen hatte. Im Waldheim wurden die Mitglieder, die zum Kriegsdienst eingezogen wurden, verabschiedet. Viele kehrten nicht mehr zurück. Für die Zurückgebliebenen war das Waldheim auch weiterhin allgemeiner Treffpunkt. 

Aus dieser Jugendgeneration gingen in den späteren Jahren eine stattliche Zahl von Funktionären der Partei-, Gewerkschafts- und Arbeiterkulturbewegung, viele Vertreter in den Gemeinde- und Landesparlamenten sowie Redakteure der sozialistischen Presse hervor. Für sie zählte der Aufenthalt im Waldheim Sillenbuch zu den schönsten und eindruckvollsten Erinnerungen ihrer Jugendjahre. 

Emil Birkert (1895 = 1985) 
1949-1966: Landesvorsitzender, 
1955-1966: stellvertretender Bundesvorsitzender der Naturfreunde